Erbverzicht

Wenn Sie bereits zu Lebzeiten klare Verhältnisse hinsichtlich Ihres Nachlasses schaffen wollen, dann sollten Sie einen Verzicht Ihrer gesetzlichen Erben auf Ihr Erbe in Erwägung ziehen. Der Erbverzicht ist somit von der Erbausschlagung zu unterscheiden. Diese erfolgt nach dem Tode des Erblassers durch den Erben.

Der Erbverzicht kann unentgeltlich oder gegen eine Abfindung erfolgen, er kann sich auch auf den Pflichtteilsanspruch beschränken. Da der Erbverzicht ein Vertrag zwischen dem Erblasser und dem potentiellen Erben ist, bedarf es selbstverständlich eines Einverständnisses zwischen diesen Personen. Dies kann aber z. B. dann zustande kommen, wenn eines von zwei Kindern bereits zu Lebzeiten einen Teil seines zukünftigen Erbes erhalten hat, z. B. an einem Unternehmen beteiligt wurde. Wenn das andere Kind das übrige Vermögen erhalten soll, dann ist ein Erbverzicht unabdingbar.

Ein Erbverzicht bietet auch dann noch die Möglichkeit einer Gestaltung des Nachlasses, wenn der Erblasser geschäftsunfähig geworden ist oder der Erblasser aus Verfügungen aus einem Berliner Testament oder einem Erbvertrag gebunden ist. Wird ein Erblasser geschäftsunfähig, dann kann er Verfügungen, die er in einem Testament bereits getroffen hat, nicht mehr aufheben. Sein gesetzlicher Vertreter, z. B. der Vormund oder der Betreuer, kann aber in seinem Namen den Erbverzichtsvertrag schließen.

Stirbt ein Ehepartner kann der überlebende Ehepartner die Verfügungen, die beide in einem Berliner Testament getroffen haben, in der Regel nicht mehr ändern. Wenn aber z. B. eines der Kinder dann seinen Pflichtteil erhält, kann es sinnvoll sein, dass es im Übrigen auf sein Erbrecht verzichtet und das andere Kind nach dem Tod des zweiten Ehepartners den übrigen Nachlass erhält.

Der Erbverzicht ist also ein probates Mittel, wenn die Erbfolge noch zu Lebzeiten vorab geregelt werden soll. Folge des Erbverzichts ist nämlich, dass der Verzichtende im Erbfall so behandelt wird, als wenn er dann nicht mehr leben würde. Dies führt somit zur Erhöhung des Erbteils der anderen Erben, aber auch der Pflichtteilsansprüche.

Der Erbverzicht ist ein Vertrag zwischen dem Erblasser und dem Verzichtenden. Es können nur Verwandte sowie der Ehegatte und der Lebenspartner (nicht der Lebensgefährte) auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichten. Sowohl der Erblasser als auch der Verzichtende können geschäftsunfähig sein. In diesen Fällen handelt der gesetzliche Vertreter, z. B. der Vormund oder der Betreuer, in seinem Namen. Auf Seiten des Verzichtenden bedarf es zusätzlich der Genehmigung durch das zuständige Gericht (z. B. Betreuungsgericht).

Der Verzicht kann so ausgestaltet werden, dass er auch für die Abkömmlinge des Verzichtenden gilt. Dabei ist aber zu beachten, dass dieser Verzicht für die Abkömmlinge nur dann gilt, wenn der Erblasser vor dem Verzichtenden verstirbt. Stirbt der Verzichtende vor dem Erblasser, dann gilt der Verzicht nicht mehr, da der Verzicht nur gegenüber dem Erblasser wirkt. Die Abkömmlinge des Verzichtenden erben dann nach dem Tode des Erblassers u. U. doch, wenn nicht andere Vorkehrungen getroffen werden. Im Zweifel sollten also auch die Abkömmlingen des Verzichtenden auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten.

Wenn es nicht gewollt ist, dass der Verzicht auch für die Abkömmlinge des Verzichtenden gilt, dann sollte dies ausdrücklich in den Verzicht aufgenommen werden, da das Gesetz in einigen Fällen vorsieht, dass der Verzicht auch für die Abkömmlinge gilt. Das ist z. B. dann der Fall, wenn ein Kind des Erblassers auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet.

Da der Erbverzicht sich grundsätzlich nur auf das gesetzliche Erbrecht bezieht, gilt er nicht für Zuwendungen, die dem Verzichtenden z. B. in einem Testament bereits zugedacht wurden. Ist dies nicht gewollt, dann sollte das bestehende Testament im Zuge des Verzichts geändert werden. Ist das nicht möglich, weil es sich z. B. um ein Berliner Testament handelt, dann ist auch ein Verzicht auf die Zuwendungen möglich. Umgekehrt kann der Erblasser auch noch nach der Vereinbarung über den Verzicht auf das gesetzliche Erbe dem Verzichtenden bestimmte Vermögensgegenstände aus dem Nachlass im Wege eines Testaments als Vermächtnis zukommen lassen, soweit er rechtlich und tatsächlich dazu in der Lage ist.

Verzichten Ehegatten, die in einer Zugewinngemeinschaft leben, untereinander auf ihr gesetzliches Erbrecht, dann hat der überlebende Ehegatte gegenüber den Erben einen Anspruch auf den güterrechtlichen Ausgleich der Zugewinngemeinschaft. Gleichzeitig bleibt sein Pflichtteilsanspruch bestehen. Wenn dies nicht gewollt ist, dann muss der Ehegatte auch auf seinen Pflichtteilsanspruch verzichten und gleichzeitig muss der andere Ehegatte ihm testamentarisch ein Vermächtnis zukommen lassen.

Haben Sie jemanden anderen, der nicht mit Ihnen verwandt, verheiratet oder verpartnert ist, als Erbe in Ihrem Testament oder in einem Erbvertrag eingesetzt, dann können Sie auch mit ihm einen Verzichtsvertrag schließen (Zuwendungsverzicht). Gleiches gilt, wenn Sie ihm ein Vermächtnis zugedacht haben. Ein solcher Verzichtsvertrag ist aber nur dann notwendig, wenn Sie ihr Testament oder den Erbvertrag nicht mehr ändern können, ansonsten ist es meist einfacher, das bestehende Testament zu korrigieren.

Ein Erbverzicht kann ebenfalls durch Vertrag zwischen den beiden Parteien wieder aufgehoben werden.

Der Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht, auf den Pflichtteilsanspruch sowie auf eine letztwillige Zuwendung und die Aufhebung dieser Verzichtsverträge ist notariell zu beurkunden. Gleiches gilt für die Verpflichtung des Erblassers eine Abfindung zu leisten.